Viele Erinnerungen – eine Geschichte? Das Pogrom von Lichtenhagen zwischen Wahrnehmung und Wahrheit

Anlässlich der 33. Jahrestage des Pogroms von Rostock-Lichtenhagen 1992 laden wir zu einer Gesprächsrunde mit Vertreter*innen der Rostocker Vietnamesischen Community und Dr. Wolfgang Richter ein.

Vom 22. bis zum 26. August 1992 grölte ein rassistischer Mob rechte, menschenfeindliche Parolen und griff Geflüchtete sowie ehemalige Vertragsarbeiter*innen aus Vietnam mit Steinen und Brandsätzen an. Tausende schauten nicht nur zu, sondern klatschten Beifall. Mehr als 100 Menschen befanden sich am 24. August in akuter Lebensgefahr. Nur mit sehr viel Glück, wie durch ein Wunder, ist damals niemand ums Leben gekommen. Die Ausschreitungen gelten heute als die massivsten rassistisch motivierten Angriffe in Deutschland nach Ende des Zweiten Weltkrieges.

Erinnerung und Gedenken hatten in über 30 Jahren unterschiedlichen Stellenwert und Charakter. Die betroffenen Rostocker*innen mit vietnamesischem Hintergrund gehen sehr verschieden mit ihren Erlebnissen um, vom Schweigen bis hin zu engagierter Aufklärungsarbeit. Berichte der damals angegriffenen Asylsuchenden wurden erst in den letzten Jahren Teil der Aufarbeitung und Gedenkkultur.

Über die Rolle der Erinnerung wollen wir uns an diesem Abend austauschen. Dr. Wolfgang Richter, der als damaliger Ausländerbeauftragter vom 22. bis zum 24. August 1992 vor Ort und mit im brennenden Sonnenblumenhaus eingeschlossen war, teilt seine Standpunkte zu diesem Thema. Ebenso werden Vertreter*innen aus der vietdeutschen Community, die nicht nur in den 90er Jahren und nicht nur in Rostock-Lichtenhagen von Rassismus betroffen waren, ihre Sicht schildern.

An diesem Abend möchten wir uns gemeinsam mit dem Publikum Fragen nähern wie:

  • Welche Rolle spielen die Erinnerungen der betroffenen Vietnames*innen heute?
  • Was bewegt das Gedenken an das Pogrom und die Aufklärungsarbeit?
  • Wie gelingt es uns, Erinnerungen festzuhalten und die wahre Geschichte an kommende Generationen weiterzugeben?
  • Was sind die Lehren über 30 Jahre nach dem Pogrom und angesichts des erstarkenden Rechtspopulismus und zunehmender rassistischer Gewalt?

Vor und nach der Gesprächsrunde kann die Ausstellung „Lebenswege – Vietnamesische Rostocker*innen erzählen“ besichtigt werden.

Was? Viele Erinnerungen – eine Geschichte? Das Pogrom von Lichtenhagen zwischen Wahrnehmung und Wahrheit

Wann? 09. September 2025, 18.00 – 19.30 Uhr

Wo? Bei der Marienkirche 2, 18055 Rostock

Anmeldung bis zum 08. September 2025 per Email an bildung@dienhong.de

Ausstellung: Lebenswege – vietnamesische Rostocker*innen erzählen

Vom 25. August bis zum 5. September 2025 präsentieren wir unsere Ausstellung „Lebenswege  – Vietnamesische Rostocker*innen erzählen“ im Rostocker Rathaus. Anlass ist das Gedenken an das rassistische Pogrom in Rostock Lichtenhagen vor 33 Jahren.

Die rassistischen Übergriffe, die nicht nur Menschen mit vietnamesischem Hintergrund Anfang der neunziger Jahre massiv erfuhren, gipfelten in diesen Tagen im August 1992 in massiver Gewalt. Trotz der traumatisierenden Erlebnisse blieben viele Vietnames*innen fest entschlossen, in Deutschland zu bleiben und für sich und ihre Kinder ein besseres Leben aufzubauen. Mehr noch  – sie gründeten den Verein Diên Hông – Gemeinsam unter einem Dach e.V., um ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und aktiv auf die Mehrheitsbevölkerung zuzugehen.

Um die Erinnerungen von ehemaligen Vertragsarbeiter*innen sichtbar zu machen, entstand das Konzept der Ausstellung. Dabei wollten wir ein breiteres Spektrum an Erfahrungen – vor allem auch aus der Zeit vor 1992 – abbilden. So initiierte der Verein in den Jahren 2013 und 2014 eine Reihe von Gesprächskreisen mit ehemaligen Vertragsarbeitnehmer*innen sowie ihren Familien, führte Interviews und sammelte zusätzliches Material.

In kleinen Erinnerungen und Episoden, illustriert durch Fotografien und andere Zeitdokumente, zeichnet die Ausstellung vietdeutsche Lebensgeschichten und  -perspektiven nach. Die Zitate zeugen sowohl von den Höhepunkten als auch den Schwierigkeiten eines Lebens in einem (nicht mehr) fremden Land, die viele Rostocker*innen (mit)erlebt haben. Die Ausstellung gibt Einblick in einen Teil der Migrationsgeschichte unserer Stadt und in eine Community, über die viele Vorurteile und Stereotype existieren.

Am Dienstag, 3. September 2025, sind wir, die Mitwirkenden vom Verein Diên Hông e.V. von 17.00 Uhr bis 18.30 Uhr vor Ort, um mit euch zu der Ausstellung ins Gespräch zu kommen.

Das Rathaus ist montags bis freitags von 8.00 bis 19.00 Uhr geöffnet.

Was? Ausstellung „Lebenswege – vietnamesische Rostocker*innen erzählen“

Wann? 25. August bis 05. September 2025, 8.00 bis 19.00 Uhr

Wo? Rathaus, Neuer Markt 1a, 18055 Rostock

Böll-Montagskino und Gespräch: „Der Anschlag in Rostock Lichtenhagen“ & „Aus der Ferne“

Zusammen mit der Heinrich-Böll-Stiftung MV laden wir am 25.8. um 19 Uhr ins LIWU zum Montagskino ein. Der Abend widmet sich zum einen den Erinnerungen das Pogrom in Rostock Lichtenhagen 1992 und zum anderen einer besonderen Vater-Tochter-Beziehung.

Sie sind als das größte Pogrom auf deutschem Boden nach 1945 in die Geschichte eingegangen: die rassistischen Angriffe auf das Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen. Vor 33 Jahren, am 24. August 1992, warf eine wütende Meute Steine und Molotow-Cocktails gegen das damalige Wohnheim der vietnamesischen Vertragsarbeiter*innen. Diese Nacht hallt bis heute nach. Was bedeutet sie für die Beteiligten heute? Dieser Frage widmet sich die NDR-Dokumentation „Der Anschlag in Rostock-Lichtenhagen“ des Talkformats „Die Narbe“.

Die Kurzfilmdokumentation „Aus der Ferne“ von Hoang Quynh Nguyen und Benjamin Hujawa ist Ergebnis eines Bildungsprojekts über vietnamesisches Leben in Deutschland – von der Vertragsarbeit in der DDR über die Nachwendejahre bis heute. Die in Deutschland geborene Anna hat ein distanziertes Verhältnis zu ihrem Vater Hung und dessen Geburtsland Vietnam. Als sie durch eine Dokumentation herausfindet, dass er 1992 von rassistisch motivierten Anschlägen in Rostock betroffen war, sieht sie sich plötzlich mit Hungs Kultur und Geschichte konfrontiert.

Wir freuen uns auf das Gespräch mit den beiden Filmschaffenden Hoang Quynh Nguyen und Benjamin Hujawa im Anschluss an die Filme.

Eintritt: 8,- / 6,- / 5,- EUR (für Studierende gilt das Kulturticket)

Was? Böll-Montagskino & Gespräch: „Der Anschlag in Rostock Lichtenhagen“ & „Aus der Ferne“

Wann? 25. August 2025, 19.00 bis 20.30 Uhr

Wo? Frieda23, Friedrichstraße 23, 18057 Rostock

Vietdeutsches Leben sichtbar machen – aktuelle Projekte und Ideen

Menschen mit vietnamesischen Wurzeln, die schon lange Zeit oder auch erst seit kurzem in Deutschland leben und arbeiten, bleiben oft unsichtbar. Ihre Stimmen sind selten laut und werden wenig gehört. Unsere Ausstellung „Vietdeutsche Lebenswege  – Vietnamesische Rostocker*innen erzählen“ und der Kurzfilm „Aus der Ferne“ sind zwei von vielen kleinen Schritten, das zu ändern. Vom 25. August bis zum 5. September 2025 präsentieren wir die Ausstellung im Rostocker Rathaus und „Aus der Ferne“ ist am 25.8. im Böll-Montagskino zu sehen.

Auch in Fernsehen, Podcast und Kino werden vietdeutsche Menschen nach und nach sichtbarer. Entscheidend dabei ist der Wunsch von Vietdeutschen der zweiten Generation, die eigenen und die Erfahrungen ihrer Eltern erlebbar zu machen, ob in Filmen, Büchern oder Podcasts.

Einen Blick auf aktuelle Vorhaben wirft unsere Informationsveranstaltung. Sie soll Menschen dafür sensibilisieren, wie wichtig es sein kann, sich in Film- und Ausstellungsprojekte einzubringen, und dass der Schritt vor die Kamera zwar ungewohnt ist, aber viel bewegen kann. Wir möchten an diesem Abend Filmschaffende mit der Vietnamesischen Community Rostocks zusammenbringen, um sich über gesellschaftliche und politische Anliegen auszutauschen und einen gemeinsamen kreativen Prozess anzustoßen.

Was? Vietdeutsches Leben sichtbar machen – aktuelle Projekte und Ideen

Wann? 03. September 2025, 19.00 – 20.30 Uhr

Wo? Rathaus, Neuer Markt 1a, 18055 Rostock

Demokratie beginnt bei dir – Wahlrecht und Migrantenrat verständlich erklärt

Viele Zugewanderte haben, wenn überhaupt, dann nur ein eingeschränktes Wahlrecht in Deutschland. Die Möglichkeit, an Bundes- und Landtagswahlen zu partizipieren, besteht erst mit dem Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit. Jedoch gibt es auch für Menschen mit ausländischem Pass durchaus Möglichkeiten der politischen Partizipation, ob durch Wahlrecht oder aktives Mitgestalten.

Den Migrantenrat gibt es in der Hansestadt Rostock bereits seit 1992. Er setzt sich für die Belange von Menschen mit Migrationsgeschichte in der Stadt ein und vertritt ihre Interessen gegenüber der Bürgerschaft und der Oberbürgermeisterin.

Am 17. September wird der Rostocker Migrantenrat neu gewählt. Viele Zugewanderte kennen das Gremium kaum und wissen nicht, ob und wie sie ein Wahlrecht wahrnehmen können. Im Seminar klären wir über die Aufgaben dieses Gremiums auf und erläutern, was im Hinblick auf die Wahl zu beachten ist.

Im gemeinsamen Austausch geht es auch darum, wie die Lebensbedingungen für die Menschen – auch für Zugewanderte – in der Stadt Rostock sind, wo die besonderen Herausforderungen bestehen und welcher Themen sich Politik und Verwaltung verstärkt annehmen sollten.

Was? Demokratie beginnt bei dir – Wahlrecht und Migrantenrat verständlich erklärt

Wann? 27. August 2025, 16.30 bis 19.15 Uhr

Wo? Waldemarstraße 33, 18057 Rostock

Damit möglichst viele Menschen teilnehmen können, wird die Veranstaltung von Sprachmittelnden in Persisch, Türkisch und Kurmancî begleitet.

Anmeldung: bis zum 26. August 2025 per Email an bildung@dienhong.de