In den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts kamen zahlreiche Vietnamesinnen und Vietnamesen als Vertragsarbeitnehmende in die DDR. 1989 lebten und arbeiteten 60 000 Frauen und Männer aus Vietnam hier. Mit dem Zusammenbruch der DDR kamen schwierige Lebensumstände, geprägt von Arbeitslosigkeit, der Angst vor Abschiebung und vielen rassistischen Übergriffen – bis hin zum Pogrom von Rostock-Lichtenhagen – auf sie zu. Trotz der großen Herausforderungen waren viele fest entschlossen, in Deutschland zu bleiben und für sich und ihre Kinder ein besseres Leben aufzubauen.
Unter vielen Deutschen gelten Vietnamesinnen und Vietnamesen als gut integriert, strebsam und fleißig und somit als Vorzeigebeispiel für „gute Migranten“. Gerade in der ersten Generation der vietnamesischen Zugewanderten war die Devise „Nicht auffallen!“ weit verbreitet. Ein gutes Leben in Deutschland war in ihren Augen nur durch harte Arbeit, Aufopferung und ein leises Dasein in der deutschen Gesellschaft möglich. Auch in der Erziehung der Kinder spiegelte sich diese Einstellung wieder. Diese sollten auch im Angesicht von Diskriminierung unauffällig sein, keinen Ärger machen und sich auf Bildung und Karriere konzentrieren. Heute zeigt sich die zweite Generation zunehmend politisch engagiert, laut und meinungsstark. Die Erfahrungen, die sowohl ihre Elterngeneration als auch sie selbst gemacht haben, wollen sie nicht mehr unkommentiert lassen.
Ziel des Projektes war es, die Erfahrungen in der Migration und Postmigration aus den letzten 40 Jahren am Beispiel der viet-deutschen Community Rostocks und Mecklenburg-Vorpommerns zu erarbeiten, zu reflektieren und sichtbar zu machen. Im Fokus standen dabei einerseits die Wege zur Teilhabe und Integration sowie Herausforderungen hinsichtlich Identität – insbesondere in der zweiten Generation – und hinsichtlich des Umgangs mit Alltagsrassismus.
Verschiedenste Menschen mit vietnamesischen Wurzeln bekamen dabei die Chance, sich an einem generationenübergreifenden Austausch zu beteiligen, andere Perspektiven kennenzulernen und dabei gemeinsam wichtigen Fragen nach Identität, Ausgrenzung und Zugehörigkeit auf den Grund zu gehen.
Im Ergebnis entstand eine Innenansicht dieser Community. Die vielfältigen Perspektiven und Erlebnisse flossen in eine umfassende Zusammenstellung an Bildungsmaterial ein, das der breiten Öffentlichkeit einen Einblick in diesen wichtigen aber bisher kaum sichtbaren Teil der deutschen Gesellschaft ermöglicht.
Das Bildungsmaterial (einen Kurzfilm, Kurzbiografien von Vertreter*innen der ersten und zweiten Generation, Audiobeiträge, Handreichungen für Lehrkräfte u.a.) finden Sie in Kürze auf der Website www.bildung-lebenswege.de.
Veranstaltungen
Radioworkshops:
Die Teilnehmenden sprachen über ihre Erfahrungen und Perspektiven als Vietdeutsche und in Kooperation mit Radio Lohro lernten sie, Audiobeiträge zu den verschiedenen Themen zu produzieren. Dabei wirkte auch ZEIT ONLINE-Redakteurin Vanessa Vu, bekannt durch ihren Podcast „Rice and Shine“ mit.
Fachtag:
Vorträge, Workshops und eine Diskussionsrunde: Beim Fachtag zum Projekt beschäftigten sich Personen aus unterschiedlichsten Bereichen ausführlich mit vietdeutschen Lebenswegen. Der Hauptfokus lag auf den Herausforderungen aber auch den Leistungen der vietdeutschen Community in den vergangenen Jahrzehnten. Zu Gast war unter anderem der Politologe Kien Nghi Ha, der mit seinem Werk „Asiatische Deutsche – Vietnamesische Diaspora and Beyond“ bereits einen großen Beitrag zu der Thematik leistete.
Kontakt:
E-Mail: lebenswege@dienhong.de
Telefon: 0381 7689972
Das Projekt wurde im Zeitraum vom 1. März 2023 bis zum 31. März 2024 von der Bundeszentrale für politische Bildung gefördert. Die Ergebnisse finden Sie in Kürze auf der Website www.bildung-lebenswege.de.